Der Komponist über seine Musik
[...] was mir wichtig erscheint in meiner Arbeit als Komponist ist, eine persönliche Sprache zu sprechen, indem ich, für eine klare Verständlichkeit, dem traditionellen Formenkanon und der überlieferten Tonalität treu bleibe.Trotzdem zögere ich nicht, mich ausnahmsweise von der Regel zu entfernen, wenn eine innere Notwendigkeit dies rechtfertigt. ...Beim Komponieren fühle ich mich wie unter einem Diktat, einer Macht unterworfen, die stärker ist als ich, und mein Verstand (welcher ebenso klar sehen möchte, wie mein Temperament sich spontan äussern will), kümmert sich nur um das "Äussere", während das Werk entsteht. [...]
Was mir ebenso wichtig erscheint wie die Klarheit von Form und Tonalität, ist die rhythmische Kontinuität. [...] Warum gibt es Komponisten, die permanent das Tempo wechseln? Soll es vielleicht mehr Ausdruck ergeben? Oder handelt es sich um den Lyrismus der Zukunft? Oder soll das gar Vielfalt in der Einheit bedeuten? [...] Es ist die innere Aufrichtigkeit, die vor allem andern zählt. Ob ein Werk rthythmisch, lyrisch, religiös, leidenschaftlich ist, oder vor Lebensfreude überbordert, was soll's! So lange dies Werk nur der Reflex des seelischen Zustands des Komponisten im Moment der Entstehung ist. Was bedeutet es schon, ob ein Komponist schnell komponiert und lange korrigiert, wie ich, oder ob er das Gegenteil tut, sofern das Werk nur den Atem des Lebens enthält!
Raffaele d'Alessandro, Schweizerische Musikzeitung, 1.1.1944
Für mich erreicht die Musik ihren Höhenpunkt mit Mozart. Aus vielen Gründen: weil bei ihm immer wieder und trotz allem die Sonne durchscheint; weil er zu viel Humor besitzt, um in seinem Ego von Tragik besessen herumzuwühlen; weil er einen unfehlbaren Instrumentationssinn besitzt; weil seine Musik nicht Philosophie, sondern einfach Musik ist und - egoistisch auf mich selbst bezogen - weil meine Klaviertechnik sich offenbar für seine unzweideutige und durchsichtige Musik eignet.
[...] Vielleicht auch zieht Mozart mich so stark an, weil ich meinerseits, da ich eben kein Mozart bin, noch nie ein Werk zustande gebracht habe, welches das widerspiegelt hatte, was bei ihm so naturgegeben ist: das Erhaben-Kindliche, das Auge, welches lächelt, auch wenn das andre weint. Ich komme eben in meinem eigenen Schaffen nicht raus aus der Dramatik und der Lyrik; und auch wenn ich einmal was "Leichteres" schreibe, gerate ich gleich ins Ulkige oder ins Ironische. Ich hoffe, meinem Ideal näher zu kommen, noch bevor meine Knochen zu klappern anfangen.
Musik der Zeit, Heft 10, Bonn 1955
J'écris ce que je crois être de la musique, rien que de la musique, de la musique pure, en cherchant la perfection formelle et la clarté.Ce que l'on appelle "message musical" ... ou poésie est donné par surcroît comme l'expression spontanée du subconscient. ...En tout cas, je ne cherche qu'à faire de la musique, mais, par ma musique, ni litterérature, ni philosophie.
Aus dem Interview mit Henri Jaccard: "Initation à la musique contemporaine", Verlag M.&P. Foetisch, Lausanne 1955, S. 14
Last update: 19.10.2016